Das Geheimnis von Ashton Place: Aller Anfang ist wild by Maryrose Wood

Das Geheimnis von Ashton Place: Aller Anfang ist wild by Maryrose Wood

Autor:Maryrose Wood
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Thienemann Verlag
veröffentlicht: 2012-01-31T05:00:00+00:00


Die Vorbereitungen sind abgeschlossen,

nun kann man nur noch das Beste hoffen.

IHR HABT VIELLEICHT AUCH SCHON diese Erfahrung gemacht: Manchmal kann ein und dieselbe Aussage absolut wahr und gleichzeitig absolut irreführend sein. Man sagt dann auch, jemand erzähle nur die halbe Wahrheit. Das ist oft der Fall bei Wahlkämpfen oder bei der Werbung für Spielsachen und anderen Formen von Propaganda.

Nehmt zum Beispiel diesen Satz: »Nach dem unglückseligen Ausflug in die Stadt nahm Lady Constance ihre distanzierte Haltung gegenüber Penelope und den Kindern wieder auf.« Das ist eine absolut wahre Aussage. Und trotzdem vermittelt sie uns kein korrektes Bild von der Lage der Dinge. Es stimmt, Lady Constance kehrte wieder zu ihrer distanzierten Haltung gegenüber Penelope und den Kindern zurück, doch genau genommen ging sie zu allen Menschen auf Abstand. Sie zog sich in ihre Gemächer zurück, ließ sich sämtliche Mahlzeiten aufs Zimmer bringen und weigerte sich, herauszukommen. Sie tauchte nicht einmal auf, um das Auspacken der neuen Champagnerflöten aus Kristallglas zu überwachen, die extra bei einem Glasbläser in Wien bestellt worden waren und in großen, mit Sägespänen gefüllten Kisten eintrafen.

Penelope machte sich schon Sorgen, ob Lady Constance womöglich krank war. Als sie allerdings bei Mrs Clarke nachfragte, rollte diese nur mit den Augen und murmelte etwas wie »manchen genügt es nicht, dass ihnen die Welt zu Füßen liegt, sie wollen auch noch nach den Sternen greifen«. Das war eine rätselhafte Antwort. Da jedoch nur noch wenige Tage bis zum Ball verblieben, hatte Penelope keine Zeit, darüber nachzugrübeln, wie man nach den Sternen greift oder ob dieser Ausspruch vielleicht nur ein weiteres Beispiel für dichterische Sprache war.

Stattdessen paukte sie in jeder wachen Minute – vom Frühstück bis zum Schlafengehen – mit den Kinder nochmals alles, was sie zur Vorbereitung auf das große Ereignis gelernt hatten: Tischmanieren, die korrekte Vorstellung, das Händeschütteln, Verbeugungen und Knickse. Sie machte einen Versuch, ihnen beizubringen, wie man Scharaden spielt, gab aber schnell wieder auf: Die drei waren einfach nicht gut darin, berühmte Persönlichkeiten zu erraten, weil sie ja noch nie von ihnen gehört hatten. Doch sie wiederholte mit ihnen gründlich den Schottisch, wobei sie diesmal darauf achtete, dass sie nicht aus dem Kindertrakt hinaustanzten.

Die Kinder ertrugen das alles geduldig, ohne Anzeichen von Nervosität. Penelope aber quälte sich insgeheim mit sorgenvollen Fragen: Was hatte sie vergessen? Blieb noch genug Zeit, um Alexander ein einfaches Klavierstück beizubringen? Cassiopeia könnte vielleicht ein wenig Fingerhäkeln lernen, wenn sie das Abendessen ausfallen ließen und mit extradicker Wolle arbeiteten. Und Beowulf beherrschte fast schon das Radschlagen.

Aber ganz ehrlich: Wann wurde es zu viel? Es ging schließlich nur um ein Fest und bei Festen sollte man Spaß haben. Allerdings hatte Lord Fredrick gesagt, seine Freunde brannten darauf, die Kinder zu treffen. Allein schon bei diesem Gedanken bekam Penelope fast einen Ausschlag. Was, wenn die Kinder den Erwartungen nicht gerecht wurden? Alles, was Penelope je in ihrem Leben gelernt hatte, schien in einem wilden Tanz vor ihren Augen herumzuwirbeln. Welche Fähigkeit, welches Fitzelchen Wissen war hier gefragt? Es war unmöglich, das vorherzusehen! Sie geriet in Panik.



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